Aufenthaltsraum Personal

Pause, war das Einzige, was mir jetzt noch einfiel. Ich war seit acht Uhr im Krankenhaus undhatte gerade eine entsetzliche OP hinter mir - ein Kindergartenkind mit Hirntumor... Ich hasste es, wenn es Kindern schlecht ging...
Zum Glück hatte der kleine Junge es überstanden, es gab keine Metastasen und er würde durchkommen...

Zufrieden betrat ich den Aufenthaltsraum.
"Hallo Dr. Keller, wie war die OP? Aller in Ordnung?", fragte ich mitleidig, als ich die erschöpfte Chirurgin bemerkte.
Ich ging durch den Raum zur Kaffeemaschine.

"Dem Kind geht's gut, Tumor raus, Gehirn gesund, keine Metastasen", verkündete ich Cleo und stellte unseren Becher in die Maschine.

"Er hat es überstanden - aber mich hat es ziemlich fertig gemacht, Ms Bishop... Es ist immer totaler Stress für mich, wenn ausgerechnet Kindern so etwas zustößt. Ich würde am liebsten erstmal eine Weile schlafen. Aber ich hab noch bis 4Uhr Dienst", erklärte ich und stützte den Kopf in die Hände.
Ich war müde. Und ich hatte keine Lust darüber zu reden. Ich wollte nur nach Hause!

Früher hatte ich viel schlimmere Fälle gehabt, aber ich hatte aufgehört, weil es mich fertigmachte. Ich wurde immer weicher. Vielleicht hatte ich mir den falschen Job ausgesucht...

"Kaffee?", fragte ich, als meiner durchgelaufen war.

"Was ist mit ihr? Sie ist doch sonst nicht so!", wollte ich von Artemis wissen. Für irgendwas musste es doch gut sein, eine Göttin im Körper zu haben...

"Ihr geht es nur gerade nicht gut... Zuviel um die Ohren, wie ihr Menschen so seid. Und sich macht sich Vorwürfe, dass sie unter Stress nicht auf Höchstleistung abeiten kann", erkärte ich. Mehr würde ich nicht dazu sagen. Jeder Mensch hatte das Recht auf seine Geheimnisse...
"Und du solltest wirklich aufhören, uns mit diesem Koffein-Mist zu vergiften"

Es war eins unserer Lieblingsthemen. Wir konnten uns immer darüber streiten...

"Oh ja, gerne", murmelte ich und versank wieder in Gedanken. Ich vermisste meine Freunde vom Militär... besonders Rodney. Aber der war inzwischen verheiratet. Nicht mit mir. Und Carson... Carson, der genauso verrückt danach war, medizinsche Probleme zu lösen, wie ich. Carson, der sich genauso viele Vorwürfe machte, wie ich mir.

Warum hatte ich je diese blöde Verschwiegenhetsklausel unterschrieben? Ich hätte nie für's Militär arbeiten sollen! Aber das ließ sich jetzt auch nicht mehr ändern.

Ich machte Dr Keller einen Kaffee und brachte ihn ihr. Dann setzte ich mich neben sie und trank meinen eigenen Kaffee. Schwarz.

"Was ist?", wollte ich von Artemis wissen. Ich spürte nur, dass sie besorgt war.

Ich ging gar nicht auf Cleos Frage ein - sie würe es sowieso gleich sehen. Ich würde mir demnächst Zeit für Jennifer Keller nehmen. Ihr ging es wirklich nicht gut... Und das aus den völlig falschen Gründen.

"Dr. Keller? Ein Notfall, kommen sie bitte schnell in die Notaufnahme!", rief Schwester Marian noch bevor sie den Aufenthaltsraum ganz betreten hatte.

"Trotzdem Danke für den Kaffee, Ms Bishop", murmelte ich und stand auf. Mit einem letzten bedauernden Blick zu meinem Kaffee machte ich mich auf dem Weg zum neusten Notfall.

tbc: Notaufnahme

"Oh nein, die Arme... als hätte sie nicht schon genug am Hut"
"Stimmt... aber damit muss man Leben, wenn man im Krankenhaus arbeitet, wie du sehr wohl weißt, Cleo"
"Ja. Es geht mir... uns... ja nicht anders. Trotzdem tut sie mir leid. Mir macht die Arbeit Spaß, die wirkt einfach nur noch fertig"
Ich schwieg. Sie trank Kaffee.
"Wie geht es den Hunden?"
Ich musste lachen.
"Bin ich eine Göttin oder eine Auskunft?"
"Sowohl als auch - immerhin sind es DEINE Hunde, Emmy! Und da du mein Gehalt benutzt, um für sie zu bezahlen und sie offiziell mein Eigentum sind, fühle ich mich auch für sie verantwortlich..."
Wir mussten beide lachen, ich nur in ihrem Kopf, sie mit dem Körper, den wir uns teilten.
"Es geht ihnen gut, sie langweilen sich nur... Besonders Lulu will dringend wieder laufen...", erzählte ich, nachdem ich im Geist nach den sechs Huskys gesehen hatte.
"Ich auch", gab Cleo zurück. Das konnte ich sehr gut nachfühlen!

Dann merkte ich, dass Jennifer aufgewühlt wieder zu uns zurück kam.

cf: OP-Saal

Ich ging zurück in den Aufenthaltsraum. Am liebsten hätte ich mich in eine Ecke gesetzt und geheult. Es war immer mein Traum gewesen, Ärztin zu sein, Menschen zu helfen. Und jetzt machte es mich fertig.
Ich betrat den Raum und traf dort Ms Bishop, die immer noch dort saß. Hebamme müsste man sein... Erschöpft ließ ich mich auf meinen Stuhl fallen, legte meine Hände um den lauwarmen Kaffee und schloss für einen Moment die Augen.

Ich sah Dr Keller mitleidig an.
"Willst du neuen Kaffee?", fragte ich sie.

"Kannst du nicht irgendetwas für sie tun?", wollte ich von Artemis wissen

"Ja"
"Dann mach es, ja?"
"Heute Nacht..."

Ich hasste es, warten zu müssen... aber es war anders zu auffällig - die Menschen durften nicht zuviel von meiner Anwesenheit mitbekommen.

"Nein, Danke...", nuschelte ich. Wieso war ich so müde? Beim Atlantis Projekt hatte ich längere Schichten gehabt. Stressigere Schichte, Patienten, die sich nicht behandeln lassen wollten, medizinische Experimente im Wettlauf gegen die Zeit, die Carson noch blieb... Nanotechnologie... völlig verrückte Dinge...
Und jetzt machte mich eine Routineoperation völlig fertig!

"Sie sollten nach Hause gehen, Dr Keller", schlug ich vor. Die Arme sah nicht so aus, als würde sie sich noch lange auf den Beinen halten können.
Ich trank den Rest meines Kaffees.
"Beeil dich", raunte ich währenddessen Artemis zu.

"Natürlich, Kleines!", versicherte ich.

Ich sah auf.
"Das sollte ich tun. Aber ich muss mich zumindest noch um die Kleine kümmern, die sie eben reingebracht haben... Sie ist aus dem zweiten Stock gefallen!", erklärte ich mit einem halben Lächeln.

"Flügel müsste man haben", kommentierte ich ebenfalls lächelnd. Wenn ich in der Zeit mit Artemis eins gelernt hatte, dann dass ein Lächeln jemandem des ganzen Tag verbessern konnte.

"Braves Mädchen", kommentierte ich den letzten Gedanken. Dass sie mit ihrem Kommentar ganz richtig lag und Dawn tatsächlich Flügel hatte, musste sie ja nicht wissen. Mit mir zu leben, war genug für einen Menschen, da musste ich sie nicht auch noch unnötig mit Engeln nerven...

"Um Himmels Willen, dann hätte ich keinen Job mehr", meinte ich und musste jetzt wirklich kichern. Hatte ich jetzt auch noch Stimmungsschwankungen?

"Sicher, dass Sie den Kaffee vertragen, Dr. Keller, fragte ich grinsend.

"Das fragt ja die Richtige, Ms Coffein... Deine Schicht ist übrigens in zwanzig Minuten zu Ende und du solltest wenigstens so tun, als wärst du die Hebamme hier, nicht die Seelsorgerin für Ärzte"
Ich würde froh sein, wenn wir nach Hause kamen. Auch ich konnte die Enge des Krankenhauses nich mehr ertragen und wollte mich bewegen - der zumindest wollte ich den Körper bewegen, den wir uns teilten.
Wie auch immer.
Ich wollte zu meinen Hunden!

"Ich bin mir im Momen ehrlich gesagt über gar nichts sicher... Ich geh nochmal nach meiner kleinen Patientin sehen", erklärte ich. Dann würde ich nach Hause gehen.